3D-Druck – ein (Selbst-)Versuch, Teil 4/3

Nach fast einem Jahr mit 3D-Drucker kann man durchaus einen fundierten Zwischenstand aus eigener Perspektive ziehen.

In der unten wiedergegebenen Tabelle stehen links die „Cons“, rechts die „Pros“. Diese beziehen sich auf den Drucker Zortrax M200, verwendetes Material: Z-Ultrat – hier scheint die Variante „ivory“-elfenbeinfarben die besten Eigenschaften zu haben in Bezug auf Oberfläche, Haltbarkeit und Entfernbarkeit von Raft und Support (weiter verwendet: Z-Ultrat in rot und schwarz).

 Harte und mittelharte Fakten zum Drucken (Bezug zu Verfahren undverwendetem  Drucker!)

„Contra“

  • Laaange Bauzeiten bei größeren Objekten, aber: prinzipbedingt und der Drucker machts ohne Aufsicht
  • Komplexe Teile kleiner als 5x5x5mm³ können nicht sinnvoll gebaut werden
  • Laaange Konstruktionszeiten, besonders bei Bauteilen mit mechanischen Zusatzfunktionen, aber: gilt für jedes Produktionsverfahren
Pro

  • Im Vergleich zur Werkstattbeauftragung (besonders für Privatpersonen) unschlagbare schnelle Fertigstellung von Prototypen und Funktionsausdrucken.
  • Geringer Preis im Vergleich zu konventioneller Fertigung (ca. 3 EUR pro Stunde Maschinenkosten worst case + 10 ct pro Gramm Material worst case (raft und support sind berücksichtigt).
  • Sehr hohe Qualität der Ausdrucke, die auch aufwendigere Bauteile mit z.B. Klemmverschlüssen (Snap-In) zulassen
  • Große Freiheit bei der Gestaltung von Produkten: Hier kann man „Form follows function“ oder „Function follows form“ realisieren
  • Massive Einsparung von Fahrten zu Baumärkten und anderen Geschäften,
  • Herstellung von „unmöglichen Produkten“ (im Sinne herkömmlicher Dreh- und Frästechnik“, Bsp: Turbine für einen kleinen Luftkissengleiter.

Die eher weichen Fakten …

Wie fühlt es sich an, morgens aufzustehen, mal eine neue Idee mit FreeCAD zu zeichnen, über Mittag auszudrucken und sich am Nachmittag daran zu erfreuen? Sehr gut!

Auf der anderen Seite: Das ist das Ideal – will man jedoch mit Weitsicht Dinge konstruieren, die auch in 10 Jahren noch so verwendbar sind, hat der Designprozess alle Merkmale einer schweren Geburt (soweit ich dies als Mann abschätzen kann): Langwierig, schmerzhaft und ohne Kenntnis der Dauer.

Dennoch: Es gibt inzwischen zig kleine Dinge, die ich genau so bauen konnte, wie ich sie haben wollte, damit sie eine bestimmte Funktion ausüben. Dabei gibt es viel Lehrmaterial, z.B. einen Einsatz für Blumentopfuntersetzer, der eine Turbine, 2 Batterien und einen Elektromotor so kombiniert, dass aus einem Blumentopfuntersetzer ein Luftkissenfahrzeug entsteht. Materialien zur Veranschaulichung von Vektor-Eigenschaftn sind ein weiteres Beispiel. Diese Objekte sind Werkzeuge, die genau so eine Funktion erfüllen, die ich brauche/möchte!

In einer Zeit, in der Produkte immer mehr zu Dingen werden, mit denen man Geld machen kann, müssen diese Produkte so gestaltet werden, dass sie die Kunden keinesfalls dauerhaft zufriedenstellen. Das Nachfolgeprodukt kann dann wieder eine Phase erhöhter Zufriedenheit generieren, bis es vom Nachnachfolgeprodukt abgelöst wird. Bis hierhin hat der Hersteller schon dreimal verdient.
Dieses Phänomen greift zunehmend auch im technisch-wissenschaftlichen Bereich um sich. Auch dort darf wohl nichts mehr zu lange halten.
Alternative: Aus sehr kostengünstiger Elektronik und Mechanik mithilfe der 3D-Drucktechnik Dinge bauen, die wirklich zufrieden stellen und zudem modfizierbar sind. Einerseits, weil sie genau die Funktionen gut erfüllen, die benötigt werden ohne jeglichen Ballast. Andererseits, weil man sie selbst hergestellt hat – mindestens ein angenehmer Nebeneffekt!